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Es arbeitet unermüdlich, ein Leben lang. Etwa faustgroß und rund 300 Gramm schwer, pumpt unser Herz täglich 7.000 Liter Blut durch den Körper. Nur eines kann es nicht allein: sich selbst trainieren. Dafür braucht es uns. „Bewegung ist Medizin“, sagt die Sportmedizinerin Christine Joisten, die an der Deutschen Sporthochschule in Köln die Abteilung Bewegung und Gesundheitsförderung leitet. Körperliche Aktivität bringe „Bewegung ins System“, so die Ärztin. „Davon profitiert der gesamte Organismus.“ Ist der Körper in Aktion, pumpt das Herz schneller, weil die Muskeln mehr Sauerstoff brauchen. Bei regelmäßigem Training passen sich Herz und Kreislauf an: Die Pumpe kräftigt sich, die Durchblutung verbessert sich, der Blutdruck sinkt. „Sport wirkt zudem entzündungshemmend“, sagt Joisten, „und verschiebt die Cholesterinwerte zu einer günstigeren Zusammensetzung.“ Das „schlechte“ LDL-Cholesterin sinkt zwar nicht, doch das „gute“ HDL nimmt zu – und verringert so das Risiko für Atherosklerose. Nebenbei optimiert Bewegung den Blutzucker und baut Übergewicht ab. Damit reduzieren sich zwei weitere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Schon nach sechs bis acht Wochen, in denen wir täglich zehn Minuten zügig spazieren gehen, antwortet unser Körper mit einem optimierten Muskelstoffwechsel, verbesserter Durchblutung und Herzfunktion. Wer sich häufiger betätigt, profitiert entsprechend mehr. Wichtig ist das Dranbleiben, nur dann schützt Sport nachhaltig vor Herzkrankheiten.
„Machen Sie Bewegung und Herzgesundheit zu Ihrem Projekt“, rät Joisten, die auch Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention ist. Wir helfen Ihnen dabei. Beginnen Sie mit Stufe 1, für die Sie sich lediglich im Alltag gegen die Bequemlichkeit entscheiden müssen. Im Anschluss ist Stufe 2 gut machbar. In Stufe 3 gewinnen Sie Kraft hinzu. Und am Ende Gesund-
heit, Energie und ein neues Lebensgefühl.

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Herz & Gefäße
FOCUS-Gesundheit 03/2025
Das ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Artikel finden Sie in der Ausgabe Herz & Gefäße von FOCUS-Gesundheit. Weitere Themen: Impfung gegen Infarkt – Lassen sich Entzündungen in den Gefäßwänden bald stoppen? Die wichtigsten Fragen zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Blutverdünnern. Problemlos aktiver werden mit unserer 3-Stufen-Challenge. Plus: Deutschlands Top-Mediziner und Top-Kliniken für Kardiologie.
Stufe 1: Im Alltag aktiver werden
Die Challenge:
Sie sammeln täglich 8.000 Schritte oder pro Woche 150 Bewegungsminuten
Das Versprechen:
"Schon kleine Veränderungen im Alltag machen einen großen Unterschied“, sagt
die Kölner Ärztin Christine Joisten. Studien zufolge verringern bereits 2.800 Schritte am Tag das
Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, wobei der schützende Effekt mit der Schrittzahl steigt. 6.000 bis 10.000 Schritte täglich gelten als sinnvolles Gesundheitsziel. Gehen ist besser als Sitzen: Wer mehr als zehneinhalb Stunden pro Tag sitzt, hat ein um 40 Prozent erhöhtes Risiko für Herzversagen. „Bauen Sie immer wieder kleine Aktivitätshäppchen ein“, rät Joisten, „und reduzieren Sie die Zeit, die Sie im Sitzen verbringen.“
Die Maßnahmen:
- Zählen Sie Ihre Schritte zum Beispiel mit einer App. Errechnen Sie Ihren Tagesschnitt und erhöhen Sie das Tagespensum Woche für Woche um je 1.000 Schritte. Wann haben Sie die 8.000 erreicht?
- Unterbrechen Sie längere Sitzzeiten: Gehen Sie beim Telefonieren herum, deponieren Sie wichtige Utensilien ein paar Schritte vom Schreibtisch entfernt, machen Sie zwischendurch Gymnastik.
- Gönnen Sie Dienstrobotern eine Pause und mähen und saugen Sie möglichst häufig selbst. Betrachten Sie Haus- oder Gartenarbeit ab jetzt weniger als Last, sondern als Gelegenheit, Ihr
Infarktrisiko zu senken. - Parken Sie Ihr Auto immer ein bisschen weiter weg vom Ziel und gehen Sie den Rest zu Fuß.
- Ignorieren Sie Rolltreppe und Lift und nehmen Sie stattdessen konsequent die Treppe. Freuen
Sie sich, dass Sie die bessere Entscheidung getroffen haben, wenn andere neben Ihnen Rolltreppe fahren. Starten Sie mit nur einer Etage und steigern Sie sich wöchentlich. Wann brauchen Sie selbst in den vierten Stock keinen Aufzug mehr?
Die Belohnung:
„Wahrscheinlich merken Sie schon nach wenigen Tagen, dass Sie beim Spaziergang oder Treppensteigen nicht mehr so schnell aus der Puste geraten“, sagt Joisten.
Stufe 2: Die Freizeit sportlicher gestalten
Die Challenge:
Sie verbessern Ihre Ausdauer mit 150 bis 300 Minuten Freizeitsport pro Woche.
Das Versprechen:
„Die Dosis entscheidet über die Wirkung – das gilt auch für körperliche Aktivität“, sagt Bernhard Schwaab, Chefarzt an der Curschmann Klinik, Timmendorfer Strand. Das Rehabilitationszentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankte will Menschen dauerhaft an einen gesünderen Lebensstil heranführen. „Mit mehr Alltagsbewegung schaffen Sie in Stufe 1 eine Grundlage für eine bessere Herzgesundheit. Mit moderatem Freizeitsport in Stufe 2 steigern Sie den Effekt, weil Sie sich mehr anstrengen müssen und länger aktiv sind“, erklärt der Internist und Kardiologe.
Moderat heißt: Sie kommen leicht ins Schwitzen und Ihr Puls steigt, aber Sie bekommen noch so
gut Luft, dass Sie sich unterhalten können. „Ausdauersport senkt unter anderem den Blutdruck“, erklärt Schwaab. Bewegung hält zudem die Gefäßinnenwand elastisch, wodurch sich die Herzkranzgefäße erweitern und das Herz besser durchbluten. Die Thrombosegefahr sinkt, die aktiven Muskeln unterstützen die Arbeit der Venen, die das Blut zurück zum Herzen transportieren. Schon fünf bis zehn Minuten langsames Joggen am Tag reduzieren das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, um fast zwei Drittel. „Dieser Effekt hält 24 bis 48 Stunden an“, so der Kardiologe. „Deswegen ist es gut, jeden zweiten Tag sportlich aktiv zu werden.“ Die Sportart sei dabei eigentlich egal: „Hauptsache, Sie fühlen sich wohl und haben Freude.“
Die Maßnahmen:
- Schließen Sie sich zum Beispiel einer Wander- oder Nordic-Walking-Gruppe an. Wenn Sie einen festen Termin haben und andere mit Ihnen rechnen, fällt es leichter dranzubleiben.
- Stechen Sie in See und probieren Sie sich im SUP-Boarden oder machen Sie eine Kanutour.
- Buchen Sie einen Tanzkurs – je nach Stil kann das richtig sportlich werden.
- Viele Parks oder Spielplätze sind mit Tischtennisplatten ausgestattet. Schnappen Sie sich ein paar Freunde und spielen Sie eine Runde!
Die Belohnung:
„Nach wenigen Wochen bemerken Sie, dass Sie bei der Fahrradtour weniger Pausen brauchen oder Anstiege beim Wandern leichterfallen“, verspricht Schwaab. Eine Smartwatch macht gesundheitliche Verbesserungen messbar und zeigt, wie sich Ihre Ausdauer verbessert und Herzfrequenz und Blutdruck sinken.
Stufe 3: Krafttraining einplanen
Die Challenge:
Sie machen zusätzlich zu Stufe 2 zweimal pro Woche 30 Minuten Krafttraining.
Das Versprechen:
„Lange dachten Experten, dass für die Herzgesundheit vor allem Ausdauersport zählt“, sagt Sportkardiologe Schwaab. „Heute wissen wir: Wer sein Herz gesund halten möchte, braucht auch Krafttrainingsreize.“ Werden Muskeln gefordert, verwandeln sie sich in hochproduktive Apotheken: Sie schütten Botenstoffe aus, Myokine genannt. Sehen wir Sport als Medikament, sind die Myokine der Wirkstoff darin. Sie wirken entzündungshemmend, fördern die Elastizität der Gefäße oder lassen neue Äderchen sprießen und verbessern die Durchblutung. „Außerdem gibt es Myokine, die den Herzmuskel schützen und möglicherweise sogar kräftigen“, berichtet Schwaab.
Der Reha Chefarzt rät, beim Kraftsport mit offenem Mund zu atmen. „Das verhindert Pressatmung, die den Blutdruck in die Höhe jagt und fürs Herz gefährlich werden kann.“
Die Maßnahmen:
- Trainieren Sie im Fitnessstudio oder melden Sie sich zum Krafttraining in einem Reha oder Physiozentrum an. Zertifizierte Präventionskurse werden von den Krankenkassen bezuschusst.
- Wer die Studioatmosphäre scheut, trainiert zu Hause mit Hanteln oder Widerstandsbändern.
- Plank, Wandsitz, Liegestütz: Training mit dem eigenen Körpergewicht fordert die Muskeln effektiv und klappt ganz ohne Ausrüstung.
- Sie sporteln lieber draußen? Nutzen Sie Trimm-dich-Pfade oder Trainingsgeräte in Parks.
Die Belohnung:
Schon nach wenigen Wochen wird sich Ihre Haltung verbessern und der gesamte Körper stärker und stabiler anfühlen. Auch Muskelkater wird bald der Vergangenheit angehören. „Das ist das Tolle an Bewegung“, sagt Schwaab: „Die Früchte der Arbeit erntet man schnell, und das ist die beste Belohnung.“