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Wer gesund lebt, lebt länger – selbst, wenn wir erst spät im Leben zu einem gesünderen Lebensstil switchen – das wurde in einer großen Studie eines internationalen Forschungsteams bestätigt. Die Wissenschaftler sind auch der Frage nachgegangen, welche Risikofaktoren besonders ausschlaggebend sind und um wie viel sich das Leben tatsächlich verlängern lässt, wenn man sie vermeidet.
Die Studie im Überblick: Die „big five“ Risikofaktoren und ihre Wirkung
Die Untersuchung zielte auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen ab, denn sie sind weiterhin die weltweit häufigste Todesursache – laut Daten der WHO (Weltgesundheitsorganisation). Mehr als eine halbe Milliarde Menschen sind betroffen, 20,5 Millionen starben allein in 2021 daran, dem „World Heart Report 2023“ zufolge.
Etwa die Hälfte dieser Erkrankungen geht auf fünf Risikofaktoren zurück, die sogenannten „big five“ kritischer Lebensstilfaktoren. In einer umfassenden Studie, die 2024 im „New England Journal of Medicine“ erschien, haben Forschende die Gesundheitsdaten von über zwei Millionen Menschen aus 39 Ländern ausgewertet und sich angeschaut, wie genau sich diese fünf Risikofaktoren auf die Lebenserwartung auswirken. Dabei haben sie Menschen verglichen, auf die einer, mehrere oder keiner dieser Faktoren zutreffen.
Die „big five“ haben starke Auswirkungen auf die Herzgesundheit:
- Bluthochdruck: Bei Bluthochdruck muss das Herz gegen einen erhöhten Druck in den Gefäßen anarbeiten. Dadurch verdicken sich die Herzwände. Sie werden steifer und die Herzkammern können sich nicht mehr komplett füllen. Außerdem schädigt der dauerhaft zu hohe Druck die Gefäßwände. Als Bluthochdruck gilt ein oberer, also systolischer, Wert ab 130 Millimeter Quecksilbersäule (mmHG).
- Hohe Cholesterinwerte: Insbesondere erhöhte Werte des als „herzschädigend“ geltenden LDL-Cholesterins ab 130 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) vergrößern die Wahrscheinlichkeit einer „Arterienverkalkung“ (Atherosklerose). Die Ablagerungen in den Gefäßen be- oder verhindern den Blutfluss und erhöhen so das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.
- Diabetes mellitus: Durch einen dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel entstehen eher Entzündungen im Körper. Diese beeinflussen unterschiedliche Stoffwechselprozesse, die unter anderem die Gefäße schädigen oder verengen können. Das wiederum erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, etwa Herzinfarkt oder Schlaganfall.
- Über- oder Untergewicht (insbesondere Adipositas): Vor allem starkes Übergewicht geht häufig einher mit Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen. Denn bestimmte Fettzellen, die Adipozyten, produzieren Hormone, die verschiedene Entzündungsprozesse in Gang setzen, die diese Begleiterkrankungen begünstigen.
Aber auch Untergewichtige mit einem Body-Mass-Index unter 18,5 sind gefährdet. Die vermuteten Gründe: Weniger Muskelmasse, die unter anderem Botenstoffe aussendet, die sich positiv auf das Herz auswirken, sowie zu wenig herzschützende Vitamine und Nährstoffe bei einer Mangelernährung. - Rauchen: Tabakkonsum schädigt die Gefäße, erhöht den Blutdruck und fördert Entzündungsprozesse, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen wahrscheinlicher machen.
Gesund leben, zehn Lebensjahre gewinnen
Die gute Nachricht: Diese Risikofaktoren lassen sich alle durch einen bewussteren Lebensstil mit gesunder Ernährung, regelmäßiger Bewegung und Rauchstopp zumindest zu einem Teil beeinflussen. Die eigenen Gewohnheiten umzustellen lohnt sich auch noch im höheren Alter, ab 50 und sogar noch mit 65 Jahren, ergab die genannte Studie.
Menschen, die mit 50 Jahren keinen der genannten fünf Risikofaktoren hatten, lebten gut ein Jahrzehnt länger als Personen mit vorhandenen Risikofaktoren, so das Wissenschaftsteam. Im Detail bekamen Frauen, die mit 50 Jahren keinen der genannten Risikofaktoren aufwiesen, im Schnitt 13,3 Jahre später eine Herz-Kreislauf-Erkrankung und starben 14,5 Jahre später als Frauen mit allen fünf Risikofaktoren. Bei Männern beträgt die Differenz 10,6 Jahre bis zur ersten Herz-Kreislauf-Erkrankung und 11,8 Jahre beim Sterbezeitpunkt.
Doch auch nur einen Risikofaktor auszuschalten, wirkt sich laut Untersuchung positiv auf die Lebenserwartung aus. Beispiel Tabakkonsum: Der Studie zufolge leben Frauen, die mit 50 Jahren nicht rauchen, im Durchschnitt 5,5 Jahre länger ohne Herz-Kreislauf-Erkrankung; bei Männern sind es 4,8 Jahre.
Was bedeuten die Erkenntnisse in der Praxis?
Die Studie zeigt: Ohne vorliegende Risikofaktoren lebt es sich deutlich länger – und gesünder. Den Nutzen einer entsprechenden Veränderung der Lebensgewohnheiten macht die Untersuchung ganz konkret in Lebenszeit fest: circa zehn Jahre lassen sich gewinnen.
Besonders effektiv ist den Forschenden zufolge, mit dem Rauchen aufzuhören und Bluthochdruck in den Griff zu bekommen. Warum genau das so ist, dazu äußern sich die Forschenden nicht. Doch die „Global Burden of Disease Study“, die 2019 in der Fachpublikation „The Lancet“ erschien, bestätigt, dass Bluthochdruck und Tabakkonsum für die meisten durch Risikofaktoren verursachten Todesfälle weltweit verantwortlich sind.
Ein gesunder Lebenswandel lohnt sich immer. Auch bei der Kontrolle der Risikofaktoren gilt: Besser spät als nie. Selbst wenn entsprechende Maßnahmen erst mit Mitte 60 ergriffen werden, sind sie noch wirksam.
Quellen
- Blankenberg, S et al.: Association of Cardiovascular Risk Factors in Midlife With Lifetime Risk of Cardiovascular Disease and Life Expectancy; New England Journal of Medicine; 2024; DOI: 10.1056/NEJMoa2415879
- Donghwi, P et a.: Underweight: another risk factor for cardiovascular disease? - A cross-sectional 2013 Behavioral Risk Factor Surveillance System (BRFSS) study of 491,773 individuals in the USA; Medicine; 2017; DOI: 10.1097/MD.0000000000008769
- GBD 2019 Risk Factors Collaborators: Global burden of 87 risk factors in 204 countries and territories, 1990-2019: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2019; Lancet; 2020; DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30752-2
- Pressemeldung Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE Hamburg): Gesünder leben, länger leben: Wie sich Risikofaktoren auf die Lebenszeit auswirken; 31.03.2025
- Online-Informationen Deutsche Herzstiftung; https://herzstiftung.de; Abruf: 28.05.2025
- Online-Informationen World Health Organization (WHO): www.who.int; Abruf: 28.05.2025
- Online-Informationen World Heart Federation: https://world-heart-federation.org; Abruf: 28.05.2025
- Online-Informationen Deutsche Herzstiftung: https://herzstiftung.de; Abruf: 28.05.2025
- Online-Informationen Helios Gesundheit: www.helios-gesundheit.de; Abruf: 28.05.2025