Die Erwartungen sind hoch. „Die elektronische Patientenakte kann die medizinische Versorgung verbessern“, sagt Claus Vogelmeier, Direktor der Klinik für Innere Medizin an der Philipps-Universität Marburg. Der Generalsekretär des Aktionsbündnis Patientensicherheit, Joachim Maurice Mielert, bewertet vor allem die in der Akte enthaltene Funktion der Medikamentenliste als „essenziell für die Patientensicherheit“. Schließlich gingen rund 500.000 Krankenhausaufenthalte pro Jahr auf das Konto von Medikationsfehlern und Wechselwirkungen.
Die digitale Akte für alle gesetzlich Versicherten startet zu Beginn des kommenden Jahres. Arztbriefe, Medikationspläne, Röntgenbilder und einiges mehr werden darin abgelegt. Die Daten seien „so sicher wie nur irgend möglich“, beteuert die Präsidentin des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Claudia Plattner. Schließlich entspreche die Konzeption modernsten Standards.Wer was lesen darf, bleibt die Entscheidung des einzelnen Versicherten. So will es das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Und so ist es im Patientendaten-Schutz-Gesetz geregelt. „Allein die Patientin bzw. der Patient besitzt alle Rechte an den Daten der ePA“, heißt es dort. Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, darüber zu informieren, welche Daten sie in der ePA speichern. Bei hoch sensiblen Informationen wie psychischen Erkrankungen, sexuell übertragbaren Infektionen oder Schwangerschaftsabbruch müssen sie die Patienten ausdrücklich auf die Widerspruchsmöglichkeit hin weisen. Genetische Untersuchungen dürfen nur nach schriftlicher Einwilligung der Betroffenen gespeichert werden. Ob der einmalig konsultierte Orthopäde gleich die komplette Krankengeschichte sehen soll, können Versicherte über die App ein stellen. Ob es Sinn macht, selbst Informationen zu sperren, besprechen Sie am besten mit dem Arzt Ihres Vertrauens.
Elektronische Patientenakte (ePA): So funktioniert sie
Ärzte und Ärztinnen, Kliniken, Apotheken, Psychologen und Therapeuten teilen in der ePA Unterlagen über einen Patienten. Verschlüsselung und Autorisierung sollen die Sicherheit des Systems gewährleisten.
❶ Entlassbrief aus Klinik: Schreibt ein Arzt das Dokument, verbindet sich der Klinikcomputer mit dem speziell gesicherten Datennetz, der Telematikinfrastruktur
❷ Datenverschlüsselung: Über einen sicheren Kanal wird der Brief verschickt und das Dokument während der Übermittlung verschlüsselt
❸ Zentraler Server: Die Server zur Speicherung der Daten stehen in Deutschland. Ein individueller Datenablageschlüssel schützt die Informationen
❹ Legitimierung: Mit dem Einlesen der Versichertenkarte erhalten Ärzte oder andere Behandelnde die Berechtigung, die Patientenakte zu lesen und Informationen einzustellen
❺ Zugang für Hausarzt: Der Arzt verbindet sich mit dem speziellen Datennetz und dem ePA-Aktensystem und kann die aktualisierte Patientenakte abrufen
❻ Kontrolle beim Patienten: Über die App hat der Versicherte Einblick in seine Akte und kann sie verwalten. Er sieht jede Veränderung. Auch kann er Berechtigungen entziehen
FOCUS-Gesundheit 04/24
Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Text finden Sie in der Ausgabe Klinikliste 2025. Weitere Themen: Modellprojekt: Neues Diagnoseverfahren bei seltenen Erkrankungen. Wird bei Rückenschmerzen zu schnell operiert? So treffen Sie für sich die richtige Entscheidung. U.v.m.
Das Recht an den eigenen Daten
Die Versicherten bestimmen, wer welche Informationen sehen darf. Das können sie verwehren:
- ePA komplett ablehnen: Widerspricht ein Versicherter, muss die Krankenkasse die ePA inklusive aller Daten löschen
- Zugriff für Ärzte einschränken: Es ist möglich, einzelnen Ärzten die Berechtigung zu entziehen oder die Dauer (normal 90 Tage) zu beschränken
- Dokumente löschen oder verbergen: Der Arzt kann nicht erkennen, welche Informationen eventuell verborgen oder gelöscht worden sind
- Datennutzung verweigern: Ab 2026 sollen die ePA-Daten anonym für Forschungszwecke genutzt werden. Auch das können Sie verweigern
Zentraler Baustein der elektronischen Patientenakte ist die Medikamentenliste.
Alle per E-Rezept verschriebenen und eingelösten Arzneimittel fließen in die Medikamentenliste. Eventuelle Wechselwirkungen fallen eher auf.