Frau Dierks, was ist die größte Schwierigkeit bei der Kommunikation zwischen Arzt und Patient?
Aus Patientensicht, dass der Arzt oft wenig Zeit hat und das auch vermittelt. Dadurch bekommt der Patient das Gefühl, er halte ihn auf, wenn er zu viele Fragen stellt. Die meisten Patienten möchten gute Patienten sein. Oft trauen sie sich aber nicht nachzufragen, wenn sie etwas nicht verstanden haben.
Und aus Sicht des Arztes?
Da ist es ähnlich. Ärzte wollen gute Ärzte sein. Aber sie behandeln jeden Tag zahlreiche Patienten und finden es oft schwierig, wenn diese unklar kommunizieren, zu viel reden oder ihre Medikamente nicht einnehmen.
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Was machen Patienten noch falsch?
Oft sind sie nicht gut auf den Arztbesuch vorbereitet. Schön wäre, Informationen mitzubringen, die für den Arzt hilfreich sind: Seit wann existieren die Beschwerden? Welche Medikamente nimmt man? Ein Patient sollte sich vorher auch genau überlegen, was er fragen möchte.
Beim Arzt sind die meisten ja immer ein bisschen aufgeregt. Wie gelingt es, all die Fragen nicht zu vergessen?
Indem man sie vorher aufschreibt. Es ist völlig in Ordnung, einen Zettel mit in die Praxis zu bringen und sich während des Gesprächs Stichpunkte zu notieren. Niemand kann sich alles merken, erst recht nicht, wenn er angespannt ist.
Nervt es den Arzt, wenn der Patient vorher bei „Doktor Google“ war und gesammelte Informationen aus dem Internet mitbringt?
Manchmal sicherlich. Aber entscheidend ist auch hier, wie der Patient auf den Arzt zugeht und seine Fragen formuliert. Wenn jemand fordernd seitenweise Ausdrucke auf den Tisch legt, ist das vermutlich keine gute Kommunikationsgrundlage. Mit einer höflich vorgetragenen Bitte nach einer Einschätzung sollte aber jeder gute Arzt umgehen können.
Studien zufolge hat ein Hausarzt pro Patient etwa acht Minuten Zeit. Was tun, wenn er doch ungeduldig wird?
Gut genutzt, sind diese acht Minuten gar nicht so wenig. Ist der Arzt in Eile, darf man ruhig um einen weiteren Termin bitten: „Ich sehe, dass Ihr Wartezimmer voll ist. Könnten wir mein Anliegen bitte bei einem anderen Termin noch einmal ausführlicher besprechen?“
FOCUS-GESUNDHEIT 04/20
Mehr zum Thema Arzt-Patienten-Kommunikation finden Sie in der Ausgabe Ärzteliste 2020 von FOCUS-GESUNDHEIT, erhältlich als E-Paper oder Print-Heft.
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Shared Decision Making: Warum Mitbestimmung von Patienten den Unterschied macht (Podcast #67)
Zu Gast im Podcast: Serap Tari, Psychoonkologin und Leiterin des Projekts Bayern goes SDM am Bayerischen Zentrum für Krebsforschung
Mehr Infos zur Folge
Die Zeit der “Götter in Weiß” neigt sich dem Ende zu – Patienten wünschen sich heute oft mehr Aufklärung über ihre Erkrankung und fordern Mitbestimmung bei der Therapieentscheidung. Denn auch die individuelle Lebenssituation, Zukunftspläne, Risikobereitschaft und ganz persönliche Prioritäten sind wichtige Faktoren für die Auswahl der passenden Behandlung.
Hier setzt Shared Decision Making an. Arzt und Patient treffen gemeinsam die Entscheidung über die passende Therapie. Serap Tari ist Psychoonkologin und leitet das Projekt “Bayern goes SDM”. Sie ist dafür verantwortlich, Shared Decision Making in den Praxis- und Klinikalltag zu implementieren. Wir sprechen mit ihr darüber, welche Vorteile Shared Decision Making hat, wo Herausforderungen liegen und wie das Konzept aktuell schon in Deutschland umgesetzt wird. Außerdem gibt sie praktische Tipps, was Patienten selbst tun können, um einbezogen zu werden.
Diese Folge ist eine Aufzeichnung unseres Live-Podcasts beim Health Lab im Bergson Kunstkraftwerk in München vom 19. September. Bei diesem Event mit dem Motto “Mapping the patient journey” haben wir auch Gäste auf die Podcast-Bühne geholt und mit ihnen über Shared Decision Making diskutiert.