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Menschen mit Grauem Star (Katarakt) büßen ihre Sehkraft schleichend ein, weil sich ihre Augenlinse immer mehr eintrübt. Sie sehen wie durch einen Nebel und können Einzelheiten nicht mehr deutlich erkennen. Die Erkrankung tritt meist ab dem 50. Lebensjahr auf – dann verliert die Augenlinse allmählich an Klarheit. Neben dem Alter scheint jedoch auch der Vitamin-D-Status eine Rolle zu spielen, wie die Forschungsgruppe um Jason C. Yam von der Augenklinik der Chinese University in Hongkong im Fachblatt British Journal of Ophthalmology berichtet.
Studie mit mehr als 400.000 Teilnehmenden
Ein Vitamin D-Mangel wird schon länger mit dem Grauen Star in Verbindung gebracht. Allerdings fehlten bisher aussagekräftige wissenschaftliche Daten, die diesen Zusammenhang tatsächlich nachweisen konnten. Für ihre Analyse nutzten die Forschenden die Daten aus der UK Biobank, einer Langzeitstudie mit 500.000 Frauen und Männern aus dem Vereinigten Königreich im Alter von 37 bis 73 Jahren.
In die Studie zum Einfluss des Vitamin D-Status auf das Kataraktrisiko flossen die Daten von 427.923 Probanden und Probandinnen ein, die zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht an einem Katarakt erkrankt waren. Die Gesundheitsdaten der Teilnehmenden wurden durchschnittlich über 10,8 Jahre verfolgt.
Bei allen Teilnehmenden lagen Messwerte für den Vitamin D-Spiegel im Serum vor – genauer: für die Menge an 25-Hydroxyvitamin D oder 25(OH)D. 25-Hydroxyvitamin D (Calcidiol oder Calcifediol) ist die wichtigste Speicherform von Vitamin D im Körper und ein Vorläufer des biologisch aktiven Hormons Calcitriol (Vitamin D3). Durch die Bestimmung des 25-Hydroxyvitamin D im Blut lassen sich Versorgung und ein möglicher Mangel an Vitamin D nachweisen.
Je niedriger der Spiegel, desto höher das Risiko
Die Forschungsgruppe nahm eine Einteilung in vier Gruppen nach dem Vitamin D-Spiegel (in Nanomol pro Liter = nmol/L) vor:
- Ausreichende Versorgung: ≥ 75 nmol/L bei 48.290 Teilnehmenden
- Unzureichende Versorgung (50.0 – 74.9 nmol/L) bei 143.307 Personen
- Moderater Vitamin D-Mangel (25.0 – 49.9 nmol/L) bei 179.157 Teilnehmenden
- Schwerer Vitamin D-Mangel (< 25.0 nmol/L) bei 57.169 Personen
Das Ergebnis: Je höher der Vitamin-D-Spiegel, desto geringer scheint das Risiko für einen Katarakt zu sein. Besonders auffällig war der Zusammenhang bei Jüngeren:
Verglichen mit der Referenzgruppe (50 bis 75 nmol/L) hatten Personen mit einem schweren Mangel an Vitamin D (< 25 nmol/L) ein deutlich erhöhtes Risiko, einen Katarakt zu entwickeln. Besonders ausgeprägt war die Gefahr für jüngere Menschen unter 50 Jahren. In dieser Gruppe war das Risiko um 27 Prozent erhöht. In der Altersgruppe zwischen 50 und 60 Jahren war es 12 Prozent und bei Menschen über 60 Jahren 9 Prozent höher.
Warum Jüngere besonders betroffen sein könnten
„Unsere Studie fand deutliche Zusammenhänge zwischen einem Vitamin D-Mangel und einem erhöhten Risiko, an einem Katarakt zu erkranken. Jüngere Personen scheinen hier besonders anfällig zu sein“, schreiben die Autorinnen und Autoren. Besonders wichtig seien daher eine frühzeitige Überwachung der Vitamin-D-Versorgung und eine ausreichende Behandlung eines Vitamin-D-Mangels, um das Kataraktrisiko zu senken.
Die Forschenden vermuten, dass die Lebensweise eine entscheidende Rolle spielt: Jüngere Menschen halten sich aufgrund ihres Berufs oft häufiger in Innenräumen auf und kommen seltener mit Sonnenlicht in Kontakt. Vitamin D wird in der Haut unter der Einstrahlung von UV-B-Strahlung gebildet. Ältere Menschen erhielten dagegen oft Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D, um ihre Knochengesundheit im Alter aufrechtzuerhalten.
Vitamin D-Versorgung in Deutschland
Wie gut die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland mit Vitamin D versorgt sind, zeigen Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI):
| 25(OH)D Wert | Anteil der betroffenen Kinder und Jugendlichen | Anteil der betroffenen Erwachsene | Bedeutung |
|---|---|---|---|
| < 30 nmol/L | 12,5 Prozent | 15,2 Prozent | Mangelhafte Versorgung |
| 30 bis <50 nmol/L | 33,1 Prozent | 40,8 Prozent | Suboptimale Versorgung |
| ≥50 nmol/L | 54,4 Prozent | 44 Prozent | Ausreichende Versorgung |
Bei der Einordnung der Ergebnisse ist zu beachten, dass sie auf einer einmaligen Messung beruhen und daher nur eine Momentaufnahme darstellen. Außerdem unterliegt der Vitamin D-Spiegel saisonalen Schwankungen – im Sommer ist er aufgrund der Sonneneinstrahlung und des vermehrten Aufenthalts im Freien höher, im Winter naturgemäß niedriger. Ein dauerhafter Mangel muss daher nicht zwangsläufig bestehen.
So lässt sich der Vitamin-D-Status verbessern
Um niedrige Vitamin-D-Werte zu vermeiden, raten Expertinnen und Experten, zwischen März und Oktober das Gesicht, die Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz zwei- bis dreimal pro Woche der Sonne auszusetzen. Meist genügen schon ungefähr zehn Minuten. Bei längeren Aufenthalten in der Sonne ist ein Sonnenschutz ratsam. Auch über die Ernährung lässt sich Vitamin D aufnehmen, allerdings nur in geringem Maß. Vitamin D ist zum Beispiel in fettem Seefisch, Innereien, Speisepilzen oder Eiern enthalten.
Nahrungsergänzungsmittel können den Vitamin D-Status ebenfalls verbessern. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Vitamin D als Nahrungsergänzung, wenn ein ärztlich gesicherter Mangel vorliegt und sich dieser weder durch Sonnenbestrahlung noch über die Ernährung ausgleichen lässt. Risikogruppen sind zum Beispiel Menschen, die:
- nicht nach draußen können, etwa aufgrund von Krankheiten, Pflegebedürftigkeit oder Bettlägerigkeit.
- älter sind - die Fähigkeit der Haut zur Vitamin D-Produktion sinkt im Alter.
- sich nur mit bedecktem Körper im Freien aufhalten, etwa aus religiösen Gründen.
- eine dunkle Hautfarbe besitzen – die Haut bildet weniger Vitamin D, weil der höhere Melaningehalt UV-Strahlung stärker absorbiert und so weniger UV-B-Strahlung in die Haut gelangt.
Quellen
- Peng Y et al.: Association of serum 25-hydroxyvitamin D with cataract: a cross-sectional and longitudinal analysis of the UK Biobank; British Journal of Ophthalmology; 2025; DOI: 10.1136/bjo-2024-326716
- Online-Informationen Robert Koch-Institut (RKI): www.rki.de; Abruf: 8.10.2025
- Online-Informationen Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): www.dge.de; Abruf: 9.10.2025