Kaffee ist in Deutschland Trend, und das eine gute Nachricht – im Hinblick auf die Gesundheit. Lange galt die „schwarze Droge“ als gefährlich. Das alte Kinderlied „C-a-f-f-e-e“ aus dem 19. Jahrhundert warnte als eingängiger Kanon bereits die Kleinsten: „Trink nicht so viel Kaffee ... [Er] schwächt die Nerven, macht dich blass und krank.“ Heute sind Mediziner und Experten anderer Meinung. Der Ernährungswissenschaftler und Präventionsforscher Jürgen Vormann vom Institut für Prävention und Ernährung in Ismaning bei München sagt sogar: „Kaffee ist so gesund, dass es praktisch ein Risikofaktor ist, keinen Kaffee zu trinken“. Die Forschungsergebnisse, betont er, seien eindeutig und international.
Positive Nebenwirkungen von Kaffee
Die Studien mögen nicht immer einen ursächlichen Zusammenhang beweisen, aber die Fülle der Hinweise auf eine gesundheitsfördernde Wirkung von schwarzem Kaffee ist verblüffend. Hier eine kleine Auswahl:
Kaffee ...
- senkt das Risiko, an alkoholbedingter Leberzirrhose zu erkranken, um bis zu 80 Prozent (Kaiser Permanente Medical Care Program). Denn Koffein beeinflusst den Cyclo-AMP-Anteil in den Leberzellen. Dieser Botenstoff wiederum hemmt den Wachstumsfaktor, der den Umbau gesunder Leberzellen in funktionsloses Bindegewebe verantwortet (Universität Aachen).
- senkt das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, um die Hälfte. Substanzen wie Koffein und verschiedene Abbauprodukte des Kaffees beeinflussen den Glukosestoffwechsel positiv (Hoorn Study, Universität Amsterdam, Niederlande).
- senkt das Risiko, eine nichtalkoholische Fettleber zu entwickeln. Der Abbau von Koffein stimuliert in der Leber die Lysosomen, die an der Zellreinigung mitwirken (Duke University, Durham/North Carolina, USA).
- senkt das Asthma-Risiko um 29 Prozent (National Health and Nutrition Examination Survey, USA). Die chemische Struktur von Koffein gleicht jener des Wirkstoffs Theophyllin, der entzündungshemmende sowie bronchien- und gefäßerweiternde Eigenschaften besitzt.
- senkt offenbar das Risiko für Hautkrebs um 20 Prozent (Yale School of Public Health, USA).
- senkt bei drei Tassen pro Tag das Parkinson-Risiko um 28 Prozent (Shandong-Universität, China).
- verzögert die Entstehung von Alzheimer, weil Koffein die Bildung von sogenannten Beta-Amyloid-Plaques einschränkt, die an der Entstehung von Demenz beteiligt sind (Edith Cowan University, Australien).
- schützt vor Karies, weil Inhaltsstoffe wie Chlorogensäure und Trigonellin Keime im Mund abtöten (Universität Ancona, Italien).
- schützt womöglich vor einer Ansteckung mit Covid-19. Die im Kaffee enthaltene chemische Verbindung 5-Caffeoylchinasäure hemmt die Interaktion zwischen dem Spike-Protein des Coronavirus und dem ACE2-Rezeptor, wo das Virus an der menschlichen Zelle andockt. Zumindest im Laborversuch wiesen Wissenschaftler den Effekt jüngst nach (Jacobs University, Bremen).
Außerdem hilft Kaffee beim Abnehmen (Medizinische Hochschule Hannover), verhindert bei Männern erektile Dysfunktionen, steigert bei Frauen die sexuelle Lust (Universität Texas, USA) und verlängert insgesamt das Leben. Letzteres zeigt eine Langzeitstudie der Harvard School of Public Health in den USA. Hauptursache für die Lebensverlängerung dürfte das Koffein sein. Es reduziert die Wahrscheinlichkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die häufigste Todesursache in der westlichen Welt, um 43 Prozent (Framingham-Herz-Studie, USA).
„Wer Kaffee trinkt, lebt länger“
Kaffee macht krank? Ganz im Gegenteil, sagt der Ernährungswissenschaftler Jürgen Vormann
Prof. Jürgen Vormann, im Beirat „Kaffee & Gesundheit“ beim Deutschen Grünen Kreuz und leitet das Institut für Prävention und ErnährungSo gesund, dass es praktisch ein Risikofaktor ist, keinen Kaffee zu trinken. Die neuesten Studien zeigen, dass Kaffeetrinker ein geringeres Risiko haben, Diabetes zu bekommen, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer und Darmkrebs zu erkranken oder frühzeitig zu sterben. Die Mortalität ist bei Kaffeetrinkern geringer als bei Nichtkaffeetrinkern. Man kann wirklich sagen: Wer Kaffee trinkt, lebt länger.
Das Optimum liegt laut Studien zwischen drei und fünf Tassen pro Tag.
In den Studien ist vorwiegend Filterkaffee untersucht worden. Entscheidend für die Gesundheit ist weniger die Zubereitungsart, vielmehr die Menge der verwendeten Kaffeebohnen.
Kaffee enthält mehr als 1.000 Inhaltsstoffe. Der bekannteste ist natürlich Koffein, ein Mittel zur Leistungssteigerung. Aber auch andere Substanzen im Kaffee haben gesundheitsfördernde Eigenschaften. Sie wirken antikarzinogen, antimikrobiell, antioxidativ und entzündungshemmend.
Kaffee kann man 1:1 in die Flüssigkeitsbilanz einberechnen. Da trocknet gar nichts aus, das ist Humbug.
Ganz einfach: Wasser neutralisiert die Geschmacksknospen. Der nächste Schluck Kaffee ist dann wieder eine sensorische Sensation.
Zu viel Koffein kann zu einer Überstimulation führen, dann wird man nervös oder beginnt zu zittern.
Ja und nein. Etwa 50 Prozent der Kaffeetrinker in Deutschland bauen Koffein sehr schnell ab und schlafen prima ein, wenn sie einen Kaffee getrunken haben. Die andere Hälfte ist nicht so schnell, die schläft schlecht ein, weil das Koffein lange im Blut bleibt. Das ist genetisch bedingt, und man merkt bald, zu welcher Gruppe man gehört.
Wenn man sich die aktuellen Studien anschaut, ist Kaffee gesünder.
Interview: Michael Kneissler
Hierzulande trinken die Menschen durchschnittlich 3,3 Tassen Kaffee am Tag, am meisten im Saarland mit 3,7 Tassen täglich, am wenigsten in Sachsen mit drei Tassen. Insgesamt summierte sich der Konsum im vergangenen Jahr auf 1.204 Tassen pro Kopf. Das entspricht 169 Litern. Damit liegt Kaffee vor allen anderen Getränken uneinholbar auf Platz 1, gefolgt von Mineralwasser (133 Liter jährlicher Pro-Kopf Verbrauch), Softdrinks (115 Liter), Bier (95 Liter), Milch (79 Liter) und Tee (70 Liter).
Koffein hat die stärkste und die am besten untersuchte Wirkung unter den etwa 1.000 Inhaltsstoffen des Bohnentrunks. Koffeinfreier Kaffee bringt gesundheitlich womöglich weniger. Allerdings spielt er beim Gesamtkonsum auch kaum eine Rolle. Er trägt gerade mal fünf Prozent zum jährlichen deutschen Kaffeekonsum bei. Das Aufputschmittel Koffein sei ja gerade der Wirkstoff, der den Kaffee ausmacht.
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Kaffee: Nur wenige Cent teurer als Leitungswasser
Bis zum 19. Jahrhundert konnten sich nur Besserverdienende den exotischen Sud leisten. Heute trinken ihn 72 bis 90 Prozent der Menschen in Deutschland (je nach Umfrage) – und ein günstigeres Getränk ist kaum zu haben. Mit einem Kilogramm Kaffeepulver für zehn bis maximal 30 Euro kann man etwa 17 Liter Filterkaffee kochen. Die Tasse Kaffee mit 200 Millilitern und zwölf Gramm Kaffeepulver erfordert also eine Investition von selten mehr als 20 Cent.
Der günstige Preis hat damit zu tun, dass Kaffee wie Butter oder Milch ein „Signalprodukt“ ist. Die meisten Verbraucher wissen genau, wie viel diese Produkte kosten, deshalb versuchen alle Discounter, den Preis niedrig zu halten, und werben damit.
„Kaffee“, freut sich Holger Preibisch, „bedient extrem viele unterschiedliche Zielgruppen – das ist einmalig.“ Senioren klönen bei Filterkaffee und Kuchen, It-Girls schlürfen einen pappsüßen Dalgona-Brew aus Südkorea: eine schaumig geschlagene Mischung aus Instantpulver, Wasser, Zucker und Milch. Italienfans bleiben bei Cappuccino und Espresso, und Sportler mischen Kaffee und Proteinshakes zu einem Proffee.
So schmeckt’s am besten
Welche Art Kaffee trinken Sie regelmäßig? Befragt wurden Menschen ab 18 Jahren, die mindestens einmal im Monat Kaffee trinken. Mehrfachnennungen möglich.
Quelle: Tchibo Kaffeereport 2022
Und so mancher hat sein persönliches Geheimrezept, wie der Lieblingstrunk besonders gut gelingt. Eine Prise Salz ins Kaffeemehl, das Filterpapier mit warmem Wasser aufquellen, die Tasse vorwärmen: All das ist Geschmackssache – und unerheblich für die gesundheitliche Wirkung des Gebräus.
FOCUS-GESUNDHEIT 01/23
Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Text finden Sie in der Ausgabe Besser leben. Weitere Themen: Von Impfungen bis Mückenabwehr – so gelingt Reisen ohne Risiko. Neue Medikamente reduzieren Übergewicht. U.v.m.
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