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ADHS

ADHS ist eine oft folgenschwere Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Erfahren Sie alles über die Symptome und die Behandlung.

Geprüft von Sophie Sonnenberger, Medizinredakteurin

Veröffentlicht:
Aktualisiert: 2023-08-21T00:00:00+02:00 2023-08-21T00:00:00+02:00

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Inhaltsverzeichnis
Junge versteckt sich hinter einem Schreibblock, guckt mit einem Auge hervor

© Shutterstock

ADHS: Symptome

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung ADHS ist vor allem durch drei Hauptsymptome gekennzeichnet:

  • Aufmerksamkeitsstörungen: Betroffene sind leicht abzulenken, es fällt ihnen schwer, sich zu konzentrieren. Oft brechen Menschen mit ADHS eine Tätigkeit mittendrin ab. Kinder machen häufig Flüchtigkeitsfehler bei den Hausaufgaben oder haben keine Geduld zum Basteln oder Spielen. Sie scheinen oft gar nicht zu hören, was Eltern oder Lehrkräfte ihnen sagen, sind schlecht strukturiert und achten nicht sonderlich auf Details oder verlieren Dinge.
  • Impulsivität: Dieses ADHS-Anzeichen äußert sich häufig in Ungeduld, z. B. wenn der Betroffene anstehen und warten muss. Typisch sind auch starke Stimmungsschwankungen oder große Reizbarkeit – vor allem bei Kindern sind Wutausbrüche wegen Kleinigkeiten möglich. Sie fühlen sich schnell provoziert. Oft wissen speziell Kinder nicht, wann sie sich zurückhalten sollten. Sie platzen in Gespräche, reden viel, wechseln oft das Thema und können Gestik und Mimik von Gesprächspartnern schlecht einschätzen.
  • Hyperaktivität: Bewegen, bewegen, bewegen – und wenn es nur Händefuchteln oder Beinewackeln ist. Insbesondere Kindern fällt es schwer, einfach nur ruhig dazusitzen. Sie rutschen auf dem Stuhl herum, spielen sehr lautstark und begeben sich mitunter auch in gefährliche Situationen, da sie Risiken schlecht einschätzen können. Die Hyperaktivität wird, im Gegensatz zu den anderen beiden ADHS-Merkmalen, im Jugendalter oft weniger.

Für gewöhnlich lassen sich die Symptome bei ADHS früh erkennen, sprich: in den ersten fünf Lebensjahren. Typisch ist, dass sie in verschiedenen Lebensbereichen auftreten, das Kind also nicht nur zuhause wild herumtobt und im Kindergarten nicht. Wohl aber können die ADHS-Anzeichen verschieden stark ausgeprägt sein, je nachdem, wo sich das Kind befindet.

So werden sie beispielsweise häufig stärker, wenn sich das Kind mit etwas beschäftigen soll, das Konzentration erfordert (Hausaufgaben, Malen etc.) und schwächer, wenn es sich in einer unbekannten Umgebung befindet oder sich seiner Lieblingstätigkeit widmen darf.

Entsprechend schwer ist es deshalb manchmal für Ärzte ADHS bei Kindern beziehungsweise die Symptome in Untersuchungssituationen klar festzustellen. ADHS bei Babys lässt sich beispielsweise gar nicht sicher diagnostizieren, wenngleich Symptome wie dauerndes Schreien, schlechter Schlaf und Probleme beim Füttern auf diese Störung hindeuten können.

Auch wenn es darum geht, ADHS bei Kleinkindern festzustellen, müssen Arzt und Umfeld schon sehr genau hinschauen. Anzeichen können sein, wenn das Kind viel schreit, sich kaum mit Gleichaltrigen anfreundet, sich aber auch allein nicht über längere Zeit hinweg ruhig beschäftigen kann.

Mitunter äußert sich ADHS bei Mädchen anders als bei Jungen. Sie sind weniger aggressiv und hyperaktiv, sondern eher innerlich unruhig, reden ständig, sind ängstlich und wenig selbstbewusst, tagträumen viel und arbeiten langsam. Sie bemühen sich für gewöhnlich sehr, sich anzupassen und in der Schule nicht aufzufallen, weshalb sie zuhause erschöpft und sehr impulsiv sein können.

Im Erwachsenenalter sind die Symptome oft weniger stark ausgeprägt, aber dennoch vorhanden. ADHS bei Erwachsenen zeigt sich zum Beispiel darin, dass sie viel reden und andere unterbrechen. Sie können sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren – zumindest nicht über längere Zeit –, sind im Alltag unorganisiert und vergessen beispielsweise, Rechnungen zu begleichen. Auch vorschnelles Handeln ist typisch, so beenden Erwachsene mit ADHS durchaus einmal sehr plötzlich eine Beziehung oder kündigen ihren Job.

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Was ist ADHS? Bedeutung der Abkürzung und Definition

Per Definition ist ADHS eine Erkrankung, genauer: eine neurobiologische Störung, die innerhalb aller Altersgruppen auftreten kann. Die Bezeichnung ADHS ist eine Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung oder auch Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom. Sie zeigt sich typischerweise in Symptomen wie Hyperaktivität, mangelnder Impulskontrolle und Konzentrationsfähigkeit. Beim Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS) handelt es sich um eine Verhaltensstörung, die ähnliche Symptome wie ADHS aufweist. Die beiden Formen unterscheiden sich allerdings dadurch, dass bei ADS keine Hyperaktivität auftritt. Oftmals gehen ADS und ADHS mit Hochbegabungeinher, die aber aufgrund der typischen Symptome häufig unerkannt bleibt. Bei Menschen mit ADHS tritt manchmal zusätzlich eine Autismus-Spektrumstörung (ASS) auf. Hierbei handelt es sich meist um hochfunktionalen Autismus, was bedeutet, dass die Betroffenen zum Teil erstaunliche Fähigkeiten wie ein fotografisches Gedächtnis oder eine hohe mathematische Begabung zeigen.

Ab einem bestimmten Schweregrad kann ADHS als Behinderung gelten. Dann nämlich, wenn die Störung „die gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe den Betroffenen gravierend beeinträchtigt“. ADHS gehört zu den häufigsten psychiatrischen Störungen im Kindes- und Jugendalter. Jungen sind drei- bis sechsmal häufiger von ADHSbetroffen als Mädchen. Allerdings ist es bei Letzteren schwerer, die Diagnose ADHS zu stellen.

Das Syndrom zeigt sich bei Mädchen nämlich oft in Unsicherheit, Entscheidungsunfähigkeit und mangelndem Selbstwertgefühl anstatt in der „Zappelphilippkeit“, die bei Jungen mit ADHS typisch ist. Betroffene Frauen haben ein erhöhtes Risiko für Depressionen und Ängste. Manche Mädchen und Frauen mit ADHS zeigen die Tendenz, immer im Mittelpunkt stehen und das letzte Wort haben zu wollen.

ADHS Behandlung

ADHS ist nicht heilbar. Es gibt aber verschiedene Therapiemöglichkeiten, mittels derer sich ADHS gut behandeln lässt. Welche ADHS-Therapie in Frage kommt – oder auch eine Kombination aus verschiedenen (multimodales Behandlungskonzept) –, hängt immer davon ab, wie sich die ADHS äußert, wie stark die Symptome ausgeprägt sind und ob es Begleitstörungen gibt. Jedenfalls muss die Behandlung immer individuell erfolgen und auch das Umfeld mit einbeziehen.

So empfiehlt sich bei ADHS ein Elterntraining, wie es zum Beispiel Fachkliniken, psychotherapeutische Praxen oder (Online-) Krankenkassen anbieten. Und auch Geschwister, Verwandte, Freunde, Lehrer etc. sollten Bescheid wissen, was die Störung bedeutet und wie sie mit einem ADHS-Patienten umgehen. Denn nur dann können sie ihm helfen, seinen Alltag zu meistern, ihn unterstützen und fördern – ohne ihm die Selbstständigkeit zu nehmen.

Therapie von ADHS mit Medikamenten

Eine medikamentöse Behandlung erfolgt bei ADHS für gewöhnlich entweder ergänzend zu anderen therapeutischen Maßnahmen oder, um andere Maßnahmen überhaupt erst möglich zu machen. Die Leitlinien der Fachgesellschaften empfehlen sie bei Kindern ab sechs Jahren bei ADHS nur nach einer eingehenden Beratung und bei stark ausgeprägten Symptomen, die den Alltag des Kindes sehr beeinträchtigen bzw. wenn sich durch eine Verhaltenstherapie die Symptomatik nicht ausreichend verbessern lässt.

Erwachsene ADHS-Patienten bekommen Medikamente, wenn andere Strategien nicht (ausreichend) wirken, um mit der Störung im Alltag besser umgehen zu können. Der Arzt überprüft dabei regelmäßig, ob die Medikamente die gewünschte Besserung bewirken und ob die Dosierung für den jeweiligen Patienten so optimal ist.

Meist bekommen Patienten Medikamente mit dem Wirkstoff Methylphenidat zur Therapie der ADHS (z. B. Ritalin, eines der bekanntesten ADHS-Medikamente, das seit einigen Jahren auch für Erwachsene zugelassen ist). Der Wirkstoff, den der Patient bei ADHS zum Beispiel als Tabletten einnimmt, sorgt dafür, dass das Gehirn Außenreize besser filtern kann, indem es die Konzentration der Nervenbotenstoffe Dopamin und Noradrenalin erhöht, die wichtig für die Gedächtnisfunktion sind. Er reguliert also das Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn. Der Patient wird ausgeglichener und kann Einflüsse von außen besser verarbeiten.

Des Weiteren kann der Arzt Mittel mit dem Wirkstoff Atomoxetin verschreiben. Dieser hat einen anderen Wirkmechanismus als Methylphenidat (keine Einstufung als Betäubungsmittel, kein Abhängigkeitspotenzial), erhöht aber ebenfalls die Konzentration von Noradrenalin im Gehirn.

Hinweis: Wie alle Medikamente können auch die ADHS-Mittel Nebenwirkungen mit sich bringen, zum Beispiel Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit. Ritalin kann bei Kindern auch zu Wachstumsstörungen führen, wenn sie es über lange Zeit einnehmen.

Therapie von ADHS ohne Medikamente

Bei Betroffenen mit weniger stark ausgeprägten Symptomen sowie bei emotionalen oder psychischen Problemen kann eine (ergänzende) Psychotherapie sinnvoll sein. Für junge Kinder gibt es spezielle Gruppentherapien, die darauf abzielen, die Konzentrationsfähigkeit und die sozialen Kompetenzen zu verbessern und die den Kindern helfen, ihre Hyperaktivität und Impulsivität besser zu steuern.

Für Eltern von Kindern mit ADHS-Symptomatik im Vorschulalter empfehlen Experten ein spezielles Elterntraining, welches eine Hilfe zur Selbsthilfe beinhalten soll. Es zielt darauf ab, die Erkrankung besser zu verstehen und die Erziehung entsprechend anzupassen. Damit können Eltern ihren Kindern helfen, in ihrem sozialen Umfeld besser klarzukommen.

Ältere Kinder und Jugendliche bekommen bei ADHS eine Verhaltenstherapie ohne Gruppe. Die Einzeltherapie soll sie darin unterstützen, strukturiert an Aufgaben heranzugehen und sie zu lösen (Selbstinstruktionstraining). Gibt es zwischenmenschliche Probleme in der Familie, kann eine Familientherapie in Frage kommen.

Erwachsenen ADHS-Patienten kann eine Psychotherapie helfen, wenn sie keine Medikamente nehmen möchten oder diese nicht wirken. Oder auch, wenn sie die Diagnose ADHS erst im Erwachsenenalter bekommen und durch die Therapie lernen möchten, die Störung zu verstehen und mit ihr umzugehen. Zudem gibt es zahlreiche regionale ADHS-Selbsthilfegruppen, wo sich Betroffene austauschen und informieren können, Tipps erhalten und vor allem auch das Gefühl bekommen: „Du bist nicht allein.“

Sonstige Möglichkeiten, um ADHS zu behandeln

Bei ADHS können Sport und körperliche Aktivität dazu beitragen, die geistige Leistungsfähigkeit zu steigern. Besonders erwachsene Betroffene empfinden Bewegung häufig als hilfreichen Ausgleich und nutzen sie bewusst.

Andere setzen auf Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Yoga. Wieder andere schwören bei ADHS auf Homöopathie. Einer Studie der Universität Bern aus dem Jahr 2005 zufolge soll eine Therapie mit Homöopathika in Hochpotenzen Symptome wie Unruhe bei Kindern lindern können. Allerdings ist die wissenschaftliche Beweislage zur Wirksamkeit von homöopathischen Mitteln generell dünn.

Nach aktuellem Kenntnisstand ist eine Nahrungsergänzung mit den Fettsäuren Omega-6 und Omega 3 bei ADHS nicht empfehlenswert. Nicht abschließend geklärt ist, wie ADHS und Ernährung generell zusammenhängen. Bisher gilt lediglich die oligoantigene Diät (mit Nahrungsmitteln wie Reis, Lamm, Pute, Birnen, Bananen, verschiedenen Kohlsorten und Kartoffelarten) für einen Zeitraum von einigen Wochen als empfehlenswert. Allerdings nicht, um ADHS generell zu behandeln, sondern nur, wenn die Betroffenen Symptome einer Allergie oder Nahrungsmittelunverträglichkeit aufweisen.

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ADHS: Ursachen und Risikofaktoren

Wie und warum eine ADHS auftritt, ist noch nicht abschließend geklärt. Die wissenschaftliche Erklärung lautet, dass bei ADHS im Gehirn bzw. zwischen bestimmten Hirnarealen die Informationsverarbeitung fehlerhaft abläuft, die Konzentration, Impulskontrolle und Wahrnehmung steuern. Dadurch geraten bei ADHS Dopamin und Noradrenalin aus dem Gleichgewicht. Also Botenstoffe, die für die Gehirnfunktion eine wichtige Rolle spielen.

Dieses Ungleichgewicht kann sich auf die neuronalen Regelkreise auswirken, die das Zusammenspiel von Emotion, Bewegungsverhalten und Motivation steuern.

Die Wissenschaft geht davon aus, dass es immer verschiedene Einflussfaktoren sind, die zusammenwirken, damit eine ADHS entsteht. Unter anderem gehören dazu:

  • Genetische Faktoren: Viele Studien weisen darauf hin, dass ADHS vererbbar ist. So zeigen beispielsweise Zwillingsstudien, dass rund 80 Prozent der eineiigen und 30 Prozent der zweieiigen Zwillinge die gleiche Symptomatik zeigen. Außerdem konnten Wissenschaftler einzelne Regionen im menschlichen Erbgut feststellen, die bei ADHS-Patienten eine typische Veränderung zeigen. Allerdings lässt sich über diese nur in sehr geringem Maße erklären, warum sich ADHS entwickelt. Experten vermuten, dass erbliche Gendefekte und Umweltfaktoren zusammenspielen müssen, damit die Störung auftritt.
  • Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt: Es ist zu vermuten, dass es das ADHS-Risiko des Kindes erhöht, wenn die Mutter in der Schwangerschaft raucht, trinkt oder Drogen konsumiert. Auch Infektionen des zentralen Nervensystems oder Schädelhirntraumen während Schwangerschaft und Geburt können die Wahrscheinlichkeit einer ADHS erhöhen. Sie führen jedoch nicht zwangsläufig zu ADHS.
  • Umwelteinflüsse: Es gibt verschiedene psychosoziale Einflussfaktoren, die die Symptome der ADHSverstärken können. Ist die Erziehung nicht konsequent, haben die Eltern psychische Probleme, ist die finanzielle Belastung der Familie groß oder schimpfen und bestrafen Eltern und/oder Lehrer das Kind oft, kann dies die Störungs-Anzeichen verstärken.  

ADHS: Diagnose

Je früher ein Arzt ADHS feststellt und behandelt, desto größer sind die Chancen, dass sich das betroffene Kind positiv entwickelt. Eltern, die den Verdacht haben, dass mit dem Nachwuchs „etwas nicht stimmt“, sollten deshalb unbedingt zum Kinder- oder Jugendarzt gehen. Um ADHS zu diagnostizieren, bedarf es großer Erfahrung seitens des Arztes und einer gründlichen Abklärung.

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  • Gespräch/Fragebogen/Tests: Oft beginnt die Diagnosestellung bei ADHS mit einem Test. Es gibt verschiedene Fragebögen, mittels derer der Arzt sich ein erstes Bild machen kann. Zudem wird er mit den Eltern und/oder dem Lehr- und Betreuungspersonal sprechen, um etwas über die Krankheitsgeschichte und die Lebenssituation des Kindes zu erfahren. Bei Bedarf kann er Intelligenz- und Aufmerksamkeitstests durchführen oder überprüfen, wie es um die Fähigkeiten des Kindes beim Lesen, Schreiben und Rechnen bestellt ist.
  • Körperliche Untersuchung: Bei dieser prüft der Arzt die Grob- und Feinmotorik, testet die Bewegungskoordination, die Sehstärke und das Hörvermögen. Gegebenenfalls kann er die Hirnströme (EEG) und die Herztätigkeit (EKG) messen oder eine Blutuntersuchung machen.
  • Verhaltensbeobachtung und -bewertung: Der Arzt stützt sich hier auf Beschreibungen der Eltern und des erweiterten sozialen Umfeldes bezüglich des Alltagverhaltens sowie eventuell auch auf Videoaufzeichnungen, um Schwächen, Stärken, Kompetenzen und Defizite festzustellen.

ADHS-Diagnose bei Kindern

Bei der ADHS-Diagnostik sollten Ärzte immer altersspezifische Besonderheiten berücksichtigen. Erst ab einem Alter von drei bis vier Jahren wird eine ADHS-Diagnosestellung empfohlen. Im Vorschulalter ist diese jedoch generell schwierig. Daher lautet die offizielle Empfehlung für Ärzte, nur im Fall von sehr stark ausgeprägten Symptomen bei jüngeren Kindern eine sichere ADHS-Diagnose zu stellen. Ab dem Jugendalter nimmt meist die Hyperaktivität ab, was bei der Untersuchung auf ADHS bedacht werden sollte.

ADHS-Diagnose bei Erwachsenen

Erwachsene mit ADHS zu diagnostizieren, ist noch schwieriger als bei Kindern. Das liegt daran, dass sie über die Jahre gelernt haben, sich anzupassen, die Symptome sich dadurch verschoben oder verändert haben und sehr vielfältig ausfallen können. Die Diagnose kann nur dann gestellt werden, wenn die Symptome bereits im Kindesalter aufgetreten sind.

Um eine Diagnose stellen zu können, wird der Arzt sowohl mit dem Umfeld als auch mit Betroffenen selbst sprechen. Zudem kann er den Patienten bitten, einen speziellen Fragebogen auszufüllen, mittels dessen der Betroffene sich einfacher und gezielter selbst beurteilen kann. Darüber hinaus muss der Arzt andere (seelische) Erkrankungen ausschließen.

ADHS kann in folgende Schweregrade eingeteilt werden:

  1. Leichtgradig: Weniger stark ausgeprägte Symptome mit geringfügiger Beeinträchtigung im sozialen, schulischen oder beruflichen Umfeld.
  2. Mittelgradig: Stärker ausgeprägte Symptome, teilweise (aber nicht immer) mit deutlicher Beeinflussung des Umfelds.
  3. Schwergradig: Mehr oder stärkere Symptome als für die Diagnosestellung notwendig, treten auf. Diese beeinträchtigen die Person stark in ihrem Alltagsleben.

ADHS: Differentialdiagnose

Der Arzt muss immer abklären, ob begleitende Probleme oder Krankheiten vorliegen. Depressionen, Angstzustände etc. können ADHS nicht nur begleiten, sondern auch die Symptome von ADHS auslösen. Erkrankungen wie Epilepsie, Schilddrüsenstörungen, Psychosen, Zwänge oder Schädel-Hirn-Traumen können ähnliche Symptome auslösen wie ADHS, der Arzt muss sie deshalb vor Diagnosestellung unbedingt ausschließen. Auch eine nahrungsmittelinduzierte ADHS-Symptomatik ist denkbar und sollte bei Verdacht genau untersucht werden.

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Welcher Arzt diagnostiziert ADHS?

Eltern, die vermuten, ihr Kind könnte ADHS haben, wenden sich am besten an einen Kinder- und Jugendpsychiater oder einen erfahrenen Kinder- und Jugendarzt.

Volljährige mit Verdacht auf ADHS, sollten sich für eine genaue Diagnose an einen Spezialisten mit Erfahrung in ADHS bei Erwachsenen wenden. Geeignet dafür sind Psychotherapeuten sowie Fachärzte in den Bereichen Psychiatrie, Psychotherapie, psychosomatische Medizin oder Neurologie. Zudem existieren spezielle Ambulanzen für Erwachsene mit ADHS.

Bei der Suche nach einem Arzt in der Nähe, der Kinder oder Erwachsene auf ADHS untersuchen kann, hilft Ihnen die FOCUS Arztsuche.

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ADHS: Verlauf und Prognose

ADHS zeigt sich oft schon im Säuglings- oder Kleinkindalter. Der Nachwuchst schreit viel, hat Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und mit dem Schlafen. Zum Kindergartenalter hin verstärkt sich die Symptomatik häufig. Die betroffenen Kinder sind dann hyperaktiv, können nicht ausdauernd und ruhig spielen oder Kontakte zu Gleichaltrigen aufbauen.

Oft sind Kinder mit ADHS aggressiv oder leicht reizbar, manche zeigen Entwicklungsstörungen und hinken in der Grob- und Feinmotorik hinterher, was sich beispielsweise in Schwierigkeiten beim Ausmalen zeigt. Kommen die Kinder in die Schule, müssen im Unterricht stillsitzen und sich zuhause bei den Hausaufgaben konzentrieren, werden die Schwierigkeiten oft nochmals größer. Im Jugendalter nimmt dann in vielen Fällen die motorische Unruhe ab.

Bei einigen Heranwachsenden bleiben Aufmerksamkeitsdefizit und Impulsivität, und mit ihnen auch die Schulprobleme, bestehen. Bei Jugendlichen mit günstigem Verlauf besteht aber manchmal kein Unterschied mehr zu Gleichaltrigen ohne ADHS.

Probleme, sich zu organisieren und seine Impulse zu kontrollieren, können sich bis ins Erwachsenenalter hineinziehen. Hyperaktivität als Symptom spielt dagegen kaum noch eine Rolle, sie weicht oftmals dem Gefühl innerer Unruhe und Ungeduld. So unterbrechen Erwachsene mit ADHS oft Gespräche, wenn ihnen gerade ein Gedanke kommt, den sie loswerden möchten.

ADHS kann sehr unterschiedlich verlaufen. Ob und wie gut Betroffene ihren Alltag trotz der Störung meistern können, hängt immer davon ab, wann (und ob) die Krankheit erkannt wurde und eine entsprechende Behandlung erfolgt ist. ADHS hat unbehandelt meist schwerwiegendere Folgen als eine frühzeitig erkannte und therapierte Erkrankung.

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ADHS: Folgen für den Alltag

ADHS ist eine ernsthafte Störung, die sich auf das tägliche Leben von Betroffenen stark auswirken kann – und zwar auf verschiedene Bereiche.

ADHS und Kindergarten: Kleine Kinder mit ADHS haben oft Schwierigkeiten mit anderen Kindern zu interagieren, ausdauernd zu spielen und reagieren oft impulsiv.

ADHS und Schule: Der Schulalltag ist für betroffene Kinder ohne Behandlung schwer zu bewältigen. Ruhig sitzen und zuhören, konzentriert Aufgaben bearbeiten – all das ist eine große Herausforderung. Manchmal kommt außerdem noch eine Teilschwäche (Lese-Rechtschreib- oder Rechenschwäche) hinzu.

ADHS in der Partnerschaft: Mit ADHS eine Beziehung einzugehen und aufrecht zu erhalten, kann Betroffene (und ihre Partner) vor große Probleme stellen. Patienten mit ADHS sind oft impulsiv und unorganisiert, zuhause herrscht Chaos. Betroffene vergessen Termine und Verabredungen, was den gemeinsamen Alltag kompliziert macht. Auch kann es vorkommen, dass ein Mensch mit ADHS die Beziehung völlig überraschend beendet.

ADHS: Begleiterkrankungen

Neben den Hauptsymptomen können bei ADHS noch andere Störungen auftreten. Dazu gehören unter anderem Depressionen, motorische und sprachliche Entwicklungsstörungen und Teilleistungsstörungen (zum Beispiel Lese-Rechtschreib-Schwäche), Angststörungen, Tic-Störungen (z. B. Tourette) oder, besonders bei Mädchen, auch Essstörungen.
Quellen
  • S3-Leitlinie: Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e. V. (DGKJP et al.)); Stand: 02.05.2017 
  • Online-Informationen Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.: www.kinderaerzte-im-netz.de; Abruf: 10.8.2023
  • Online-Informationen Berufsverbände für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie: Was ist ADHS? www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org; (Abruf: 10.08.2023)
  • Online-Informationen Berufsverbände für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie: Viele Erwachsene leiden unbekannterweise unter ADHS – Diagnose kann sehr entlastend sein: www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org; Abruf: 10.08.2023
  • Online-Informationen ADHS Deutschland e.V.: ADHS / ADS: www.adhs-deutschland.de; Abruf: 10.8.2023
  • Online-Informationen ADHS Deutschland e.V.: Mädchen und Frauen mit ADHS: adhs-deutschland.de; Abruf: 10.8.2023
  • Online-Informationen Universitätsklinikum Köln: www.adhs.info; Abruf: 10.8.2023
  • Online-Informationen ADHS Zentrum: adhs-muenchen.net; Abruf: 10.08.2023 
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Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Den passenden Arzt finden Sie über unser Ärzteverzeichnis.

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