Unsere vier Herzklappen leisten Erstaunliches: Sie funktionieren wie Rückschlagventile und lassen das Blut, das der Herzmuskel pumpt, nur in eine Richtung fließen. Dafür öffnet und schließt sich jede einzelne Klappe rund 100.000 Mal am Tag. Doch wenn sie krank werden, bleibt das oft lange unbemerkt. Zu lange, wie nun eine im European Heart Journal veröffentliche Studie aus England herausfand.
Forschende der University of East Anglia bei Norwich im Osten Englands untersuchten rund 4.200 Menschen im Alter von über 60 Jahren – alle ohne eine bis dahin bekannte Herzerkrankung. Das änderte sich schnell, als die Herzbewegungen per Ultraschall genauer untersucht wurden: Bei jedem vierten Probanden stellten die Ärzte eine Fehlfunktion einer der vier Herzklappen fest. Beziehungsweise mehr als nur eine.
Eine Altersgruppe ist besonders betroffen
Bei rund 1.100 Teilnehmenden (28,2 Prozent) stellte das Forscherteam mehr als einen Herzklappenfehler fest: Meist waren die Herzklappen undicht und das Blut floss teilweise zurück (Regurgitation). Oder das Blut staute sich, weil die Gefäße verengt waren (Stenose). Auffällig: Je älter die Probanden waren, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass eine Herzklappe betroffen war. Bei den 60- bis 64-Jährigen waren 21,2 Prozent betroffen, bei den 70- bis 74-Jährigen 31,5 Prozent und bei den über 85-Jährigen sogar 53,6 Prozent.
Die meisten Funktionsstörungen der Herzklappen waren leicht und wahrscheinlich ungefährlich. Bei 101 Teilnehmern stellten die Forscher jedoch mittlere bis schwere Störungen fest. Auch hier waren vor allem über 85-Jährige betroffen (zehn Prozent).
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Darum erkrankt das Herz im Stillen
Bei insgesamt über 400.000 Bewegungen am Tag nutzen sich die Herzklappen im Laufe des Lebens ab: Die Gefäße verengen sich. Oder die Herzventile werden undicht.
Das bleibt oft lange unbemerkt, weil die Symptome meist unspezifisch sind und bei Senioren häufig dem Alter der Betroffenen und nicht der Herzerkrankung zugeschrieben werden:
- Kurzatmigkeit (Atemnot)
- Schmerzen und Engegefühl in der Brust
- Schwindel
- schnelles Ermüden
- unregelmäßiger Puls oder
- Ödeme (Wasseransammlungen) in Knöchel oder Unterschenkel.
Wer solche Symptome bei sich bemerkt, sollte daher einen Herzmediziner (Kardiologen) aufsuchen. Denn wenn Ärzte frühzeitig feststellen, dass die Herzklappen beeinträchtigt sind, können sie zunächst mit Medikamenten gegensteuern und eine Herzklappen-Operation hinauszögern. Spezielle Voruntersuchungen für Herzklappenstörungen gibt es allerdings noch nicht. Welche Rolle solche, wie in der Studie erprobten Screenings in der Vorsorge spielen würden, muss noch weiter erforscht werden.
So können Sie Herzklappenerkrankungen vorbeugen
Patienten, bei denen die Herzklappen schon mal entzündet waren (Endokarditis), haben ein erhöhtes Risiko für eine erneute Erkrankung. Ärzte beugen dem vor, indem sie den Betroffenen etwa vor einer Zahnbehandlung ein Antibiotikum verabreichen. Das tötet Bakterien ab, die über den Mund ins Blut und dann ins Herz gelangen, und verhindert eine erneute Infektion der Herzklappen.
Sie können auch selbst einiges tun, um Ihr Herz gesund zu halten:
- Ernähren Sie sich herzgesund: mediterrane Kost (Obst und Gemüse, Vollkornprodukte); wenig Fleisch, Süßigkeiten, Alkohol
- Bewegen Sie sich regelmäßig.
- Rauchen Sie nicht: Tabakkonsum kann die Herzklappen schädigen.
- Besprechen Sie mit Ihrem Hausarzt, wann und wie oft eine Vorsorgeuntersuchung beim Kardiologen für Sie sinnvoll ist.
Quellen
- Tsampasian V et al.: Prevalence of asymptomatic valvular heart disease in the elderly population: a community-based echocardiographic study; European Heart Journal – Cardiovascular Imaging; 2024; DOI: 10.1093/ehjci/jeae127
- S3-Leitlinie: Hausärztliche Risikioberatung zur kardiovaskularen Prävention (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin); Stand: 2017
- Online-Informationen Deutsche Herzstiftung e.V.: https://herzstiftung.de; Abruf: 22.07.2024
- Online-Informationen Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e.V.: www.internisten-im-netz.de; Abruf: 22.07.2024
- Online-Informationen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): www.gesundheitsinformation.de; Abruf: 22.07.2024